SUIZID In Solingen haben sich dieses Jahr bereits 20 Menschen das Leben genommen, der Jüngste war 16 Jahre. (Solinger Tageblatt 01.11.2010)
Für Marianne Müller (Name geändert) gab es keinerlei Anzeichen, überhaupt keine Vorahnung. Ihr Vater, mit dem sie in einem Haus lebte, war immer sehr zurückhaltend, hat nicht viel über seine Gefühle gesprochen. Ohne Vorwarnung hat er sich aufgehängt. Gefunden hat ihn seine Tochter. Für Marianne Müller ein Schock. Zum Trauern nahm sie sich aber keine Zeit, sie musste sich um alles kümmern, hatte jetzt die Wohnung leerzuräumen, ihr Kind weiter zu versorgen. Zu ihrem Glück hat sie gute Freunde, die auch nach einem Jahr noch zuhören, wenn sie sich die belastenden Gefühle von der Seele reden möchte.
Das sei meistens nicht der Fall, sagt Paola Marten. Sie hat in Wuppertal die Selbsthilfegruppe für Hinterbliebene nach Suizid gegründet. „In den allermeisten Fällen ist es so, dass die Umgebung nach einer gewissen Zeit wieder zum Leben zurückkehren will und kein offenes Ohr mehr für das Trauma und die Trauer der Hinterbliebenen hat.“ Nach solchen Schicksalsschlägen passiere es auch oft, dass Freundeskreise auseinanderbrechen oder auch eine Partnerschaft, wenn sich ein Kind das Leben genommen hat.
Bundesweit nehmen sich jährlich 10 000 Menschen das Leben
Bundesweit sind es 10 000 Menschen, die sich jedes Jahr das Leben nehmen. Die Dunkelziffer wird von Experten aber viel höher geschätzt. In Solingen haben sich in diesem Jahr bereits 20 Menschen das Leben genommen, der jüngste von ihnen war erst 16 Jahre alt, sagt Polizeisprecherin Claudia Otto. Im Bergischen Städtedreieck sind es 2010 bisher 74 Menschen - 58 Männer und 16 Frauen im Alter von 16 bis 78 Jahren. 2009 waren es im Städtedreieck 60, in Solingen 17 Menschen. Und 2008 setzten 78 Menschen, in Solingen 21 ihrem Leben ein Ende.
„Die meisten, die sich selbst das Leben nehmen, erhängen sich“, sagt Polizeisprecherin Claudia Otto. Paola Marten weiß, dass auch die Art der Selbsttötung immer einen Schock bei den Hinterbliebenen auslöse. Am Allerschlimmsten ist es, wenn keine Nachricht hinterlassen wird. kc