Wenn die Polizei mit der Todesnachricht vor der Tür steht (Westdeutsche Zeitung 30.10.2008)
Von Nikola Dünow
Auch für die Beamten ist die Situation extrem belastend. Sie müssen anschließen klären, wie es zu dem Tod kam.
Wuppertal. "Stellen Sie sich vor, Sie bekommen einen Zettel mit einem Namen und einer Adresse in die Hand gedrückt und müssen dieser Person dann mitteilen, dass ein Angehöriger gestorben ist." Für Kriminalhauptkommissar Michael Bußmann und seine Kollegen von der Kriminalwache gehört dieser schwere Gang zum Berufsalltag: Mindestens einmal pro Woche müssen sie Angehörigen aus Wuppertal, Solingen und Remscheid eine Todesnachricht überbringen - oftmals ohne nur irgendein Detail über den Verstorbenen oder die Familienumstände zu wissen. "Wir klingeln irgendwo. Das Schwierige für uns ist, dass wir uns nicht vorbereiten können", sagt Bußmann.
Wer sie erwartet, wissen die Polizisten fast nie
Ob eine alte Dame mit Rollator an der Tür erscheint, dessen Ehemann beim Verdauungs-Spaziergang auf der Norbahntrasse umgekippt und zu Tode gekommen ist, oder eine junge Mutter mit zwei kleinen Kindern die Tür öffnet, deren Mann beim Betriebsunfall starb - wer sie erwartet, wissen die Polizisten zumeist nicht.
Keine Frage: Für die Betroffenen auf der anderen Seite der Tür ist die Nachricht immer ein tragischer Einschnitt. Besonders schlimm sei die Situation aber, wenn die biologische Reihenfolge nicht eingehalten werde und die Beamten Eltern über den Tod des Kindes informieren. So musste Bußmann beispielsweise vor einigen Wochen einem Ehepaar die Nachricht überbringen, dass ihr jugendliches Kind sich vor den Zug geworfen hatte. "Die Eltern hatten ihr Kind schon gesucht", erinnert sich Bußmann. In solchen Situationen stoßen auch die Polizisten klar an ihre Grenzen. "Das ist hammerhart. Aber für einen Familienvater, der ein Kind im selben Alter hat, ist es noch viel schwieriger. Wir versuchen die Fälle so zu verteilen, dass die emotionale Nähe nicht zu stark ist." In vielen Fällen nimmt die Polizei die Notfall-Seelsorge zur Hilfe, die den Angehörigen dann je nach Wunsch zur Seite stehen.
Die Reaktionen sind völlig unterschiedlich
"Wir haben eine traurige Nachricht für Sie ..."- mit diesen Worten leiten die Beamten die Nachricht meistens ein. Wichtig ist, dass die Worte "tot" oder "verstorben" ausgesprochen werden, erklärt Bußmann, sonst komme die Nachricht nicht klar an und werde verdrängt. Die Reaktionen sind vollkommen unterschiedlich und reichen von minutenlanger Apathie, über Zusammenbrüche bis hin zu den Worten "Ich glaube das nicht."
Es kann auch vorkommen, dass die Polizei partout nicht reingelassen wird. Dann muss die traurige Nachricht zur Not auf dem Flur verkündet werden. Ist niemand zu Hause, versucht die Polizei über Nachbarn die Rückkehr der Betroffenen zu ermitteln und kommt später wieder. Wenn irgend möglich wird verhindert, dass die Todesnachricht per Telefon übermittelt wird.
Am Samstag, 1. November, findet in der E.S.G, Oberer Grifflenberg 158, der Trauertag statt. Los geht’s um 9 Uhr mit einem Grußwort von Oberbürgermeister Jung. Dann folgen Vorträge zu unterschiedlichen Themen: Unter anderem "Trauer in der Palliativ Medizin" (9.20 Uhr), "Trauerprozess der Angehörigen nach einem Suizid" (13.45 Uhr) oder der Vortrag einer Bestatterin zum Thema ". . . ein letzter Anblick oder lieber nicht?" (10 Uhr)
Mit der Todesnachricht ist die Aufgabe der Polizei aber noch nicht zu Ende. Dann müssen die Beamten noch einige Fragen stellen, um den Weg zum eingetretenen Tod einwandfrei zu ermitteln.